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Installationsansicht: to a far, 2022, Diplom am 1. 7. 2022, Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Foto: Hyejeong Yoo.

Installationsansicht: to a far, 2022, Diplom am 1. 7. 2022, Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Foto: Hyunjin La.

Installationsansicht: to a far, 2022, Diplom am 1. 7. 2022, Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Foto: Hyejeong Yoo.

Ohne Titel (from a far), 2022, gewachst, kopierte Seite aus: Theresa Hak Kyung Cha, »Dictee«, Berkeley 2009[1982], S. 20. 125x200(mm).

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würd die geiste meines vaters zum essen kommen
obwohl ich so weit weg für ihn bete

from a far, 2022, Druck auf Papier, gerahmt, zweiteilig, je 210x297(mm).

My dad doesn't know,... , 2022, Graphit auf Wand, Maße variabel.

can't even stand straight, 2022[2021], Latex, Maße variabel.

can't be folded in the closet, 2022, Latex, Maße variabel.

to a far, 2022, Taschenlampe, Installation, Maße variabel.

ich: , Druck auf Papier, dreiteilig, je 70x130(mm).

season specials, 2022, Zettel aus einem Glückskeks, 55x45(mm).

to a far, 2022


›to a far‹ ist eine kleine Erzählung von Hyunjin über sein Selbst, das er in der Welt verschiedener Namen endlich wiedergefunden hat, das aber immer noch fremd ist. Dazu ruft er die ältere Generation herbei, die ihn erzogen hat, und stellt den aktiven Umgang mit ihr dar, so dass er eine Affirmation des Selbst versucht. Er eignet sich seine abgehakte deutsche Sprache als Ausländer, ja sogar die Verachtung gegenüber sich selbst sehr gerne an, damit baut er eine Erzählung über sich selbst, über die Welt, in der er lebt und über uns Menschen, denn er erweitert sein Selbst als Mensch. Dies ist also ein Gedicht für uns alle, die einmal fremd sind, die ihr Zuhause verlassen haben. Auf dieser poetischen Ebene mit voller lockerer Scherze tritt er als Individuum in die verschiedenen Namen und Geschichten ein, die auf ihm angekreuzt sind, dann wird er zum Subjekt (eines Satzes) und geht wieder in die Ferne.

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1. 7. 2022: [Diplomverteidigung]
... Herzlichen Willkommen an allen auf meiner Seite. Ich freue mich, diese Arbeiten als mein Diplom präsentieren zu können. Diese sind eine kleine Erzählung über mich, über Namen, die darauf angekreutzt sind, und über die ältere Generation, von der ich die Welt gelernt habe.

Diese Ausstellung fängt an mit dem Gedicht von Theresa Hakkyung Cha, mit Titel: from a far. Das ist eine Seite ihres Buchs Dictee, und das ist gewachst, wie man die Blumen konservieren würde. Theresa Hakkyung Cha ist koreanisch-amerikanische Künstlerin, die 1951 in Südkorea geboren war. Ihre Familie war immer im Flüchten. Einmal vor der japanischen Besetzung, einmal vor dem Koreakrieg, und einmal vor der militärischen Diktatur. Im diesen Zustand müsste sie selbst als Fremde wahrgenommen haben. Das Buch Dictee ist also ihr Versuch, ihre eigenen Worte zu finden, über ihre Gefühle, ihre Geschichte. Das ist für sie selbst, für die Frauen und weiter für die Fremden. Ich fand diese Sichtweise, dass man selbst als Fremde wahrnimmt, sehr nachvollziehbar und habe es gemerkt, das könnte die Hauptsache, die meine Arbeiten einander verknüpfen kann. Mit anderen Worten: es ist der Hauptschlüssel, mit dem man meine Arbeiten entziffern kann. In diesem Grund habe ich eine Seite, die die Sichtweise, selbst als Fremde, gut gezeigt wird, angeeignet. Gleichzeitig aber wollte ich diese Sichtweise auch mal widerstehen, weil es mich immer passiv machen würde. Hier wird erzählt, ihr selbst als jemand, das aus einer Ferne kommt. Das ist wie der erste Satz, den ich beim Deutschlernen ausgeübt habe: ›ich komme aus Südkorea.‹ Deutsch, das mit diesem Satz beginnt, erinnert mich im jeden Moment, dass ich fremd bin. In der Regel wird das Ausgesprochene als die Gedanken oder die Identität von dem Aussprechenden angenommen. Aber mein Deutsch, das keine Muttersprache ist, wird immer von mir selbst getrennt. Ich scheitere jedes Mal, einen richtigen Ausdruck oder ein passendes Wort zu finden. Von daher ist Deutsch mir noch eine Sprache des Misslingens, eine Sprache der anderen. Ich zweifele meine Worte, sogar oft mich selbst, das fremd ist, genau wie die Erzählerin in from a far. Ich werde nur mit Angaben beschrieben, die im Antrag zur Aufenthaltserlaubnis stehen, wie hier z. B.. Ich bin nichts, niemand, nur ein Ausländer aus irgendwo, villt aus China. Diese Ausstellung ist also meine Herrausforderung gegen meine Sichtweise wie diese. In diesem Sinne ersetze ich die Präposition ›from‹ zu ›to‹, damit versuche ich, drauf meine eigene abstrakte Ebene zu bauen.

Und hier gibt es eine Arbeit mit demselben Titel. Hier ist ein Gedicht, heißt ›würd die geiste meines Vaters zum essen kommen, obwohl ich so weit weg für ihn bete?‹, und ein Bild von mienem Vater, der letztes Jahr verstorben ist. Dies würd also bedeuten, wo ich verlassen habe. Um das Gedicht zu erklären, muss ich kurz über unsere Konvention sprechen. Bei uns in Südkorea feiert man ein- oder zweimal pro Jahr die Ahnenzeremonie für Vorfahren, am Todestag oder Geburtstag der Verstorbenen und an großen Feiertagen wie Neujahr im Mondkalendar. Dafür wird die ganze Familie versammelt, und ein großes Essen vorbereitet. Damit verbeugt man sich am Boden mit ganzen Körper, vor den Bildern oder den Namen der Verstorbenen. Das ist ja eine Art Aberglaube, aber sehr typische Konvention. Damit glauben wir daran, dass diese Ahnenzeremonie ein einziger Tag ist, an dem die Geiste was essen können. Das heißt, wenn jemand kein Kind hat, besonders keinen Sohn, der die Rolle wie Priester der Familie spielen würde, dann würden die Vorfahren von denen verhungern. Diese Konvention war viel wichtiger für die ältere Generation als meine oder unsere, wie jede Tradition. Wenigstens meine Eltern wollten mich, obwohl sie schon alt waren, um diese Konvention fortzufahren. Also damit sie nach ihrem Tod nicht verhungern würden. Der Text, den ich Gedicht genannt habe, war oder ist noch meine echte Frage, Wenn ich so weit aus zuhause die Ahnenzeremonie feiern würde, als der erste Sohn unserer Familie, könnte mein Vater zum essen hierhin kommen? Und hier Vater meine ich meinen echten Vater, aber gleichzeitig ist er, was er symbolisch bedeuten würde, z. B. die Konvention, die Ordnung, die Normalität, die Moral, usw.. Die sehen mir nicht mehr exakt gültig aus, weil ich so fern bin. Also diese Arbeit wäre der Verlust meines Vaters, der Verlust, wo ich zurückgehen kann, und daher könnte sie auch die Emanzipation aus seinem Symbolen bedeuten.

Und weiter, hier spricht eine andere Arbeit teils heimlich, ›mein Vater weiß nicht, dass ich Asiate bin.‹ Das ist eben ein Gedicht, aber erst ist es wahr. Eigentlich bin ich ziemlich sicher, dass mein Vater kein Chance hatte zu wissen, dass sich selbst Asiate ist, und dass sein Sohn Asiate ist. Zuhause, also in Südkorea, war mein asiatischer Körper eher normal. Da haben wir relativ wenig Vielfalt als den westlichen Raum, deswegen sind nur wenige Diskurse bezüglich Rass im öffentlichen Raum verbreitet. Und die meiste Bürger sind ja asiatisch. Dort wissen wir natürlich, dass unser Körper asiatisch ist, aber nicht so wie im westlichen Raum. In diesem Sinne bin ich ja sicher, dass mein Vater die asiatische Erfahrung nicht verstanden hat. Und hier ist der Vater auch ersetzbar als die Ordnung u. Ä., damit spricht dieses Gedicht nochmal über meinen Körper, der immer aus der Normalität oder der Natürlichkeit herausgefallen sind. Mein Körper kann nicht einfach als ein Mensch sein, sondern sieht immer so aus, als ob er schon eine politische Meinung oder Position beinhalten würde. In diesem Sinne weiß die Ordnung oder die Norm nicht über den asiatischen Körper, sie kann nicht verstehen, dass asiatischer auch einfach ein Körper ist. Oft habe ich das Gefühl, dass es zu privat wäre, wenn ich über meinen asiatischen Körper rede. Privat, im Sinne davon, dass andere das nicht zu wissen brauchen. Normalität ist dieses unangenehme Gefühl, wenn über den höre oder spreche. Sie wollte hören, als ob mein Körper auch normal wäre, obwohl es gar nicht so behandelt wird. In diesem Sinne wird die Normalität weiter und weiter nicht wissen, was da passiert. Unter ihr steht asiatisch nur ruhig wie Abwesenheit, still wie Dummheit, oder als ein exotisches Essen, ein alternativer Lebensstill.

Und als nächste, was im Außengang liegt. Wenn ich an Skulptur denke, stelle ich mir eine Form vor, die sich von selbst stehen kann. Ich, der asiatisch und schwul ist, kann nicht selber stehen bleiben. Also ich mache mein Selbstporträt als das Gegenstück der Skupltur, und nenne es can't even stand straight, wie ein schwuler Scherz. Mein Selbstporträt sieht nach gelber, transparenter Haut aus, wie die typische Ausdrücke der asiatischen Haut. Das scheitert jedes Mal, obwohl es versucht zu stehen. Also es liegt noch an der Wand oder am Boden, das bedeutet mein Selbst, das weiter an das System liegen muss.

Und dieses, mein Selbstporträt verhindert die Tür zu schließen. In die beiden Arbeiten funktionieren dieser Raum als ein Institution, blöd zu sagen, weiße Institution. Hier die Tür zur Klassen würde eher schon bedeuten, der Auswahl, oder Erlaubnis. Meine einfache Existenz, die eigentlich keine Aktion ist, verhindert die Tür zuzuschließen, damit ermöglicht, etwas Unerlaubtes reinzukommen, oder erleichtert, die Tür anzuklopfen. Aber das führt irgendwie dazu, mein Selbst nirgenwo zu stellen, also weder ganz innen, noch ganz außen, und mich in jede Richtung hinzustoßen.

Und weiter, diese Arbeit ist aus der Nachrichten, die ich im Grindr gesammelt habe, das Dating Application für männlichen Schwulen, dafür habe ich alle Absender als anonym arrangiert. Grindr ist für uns männlichen schwulen eher traditionelle Grundkommunikationsmittel, denn schwul ist unsichtbar. Ich mache mein Profil und tauche online auf, aber es misslingt da nochmal, dass ich einfach schwul werde. Sondern ich bin eher ein salzigen, fettigen Bratnudeln, z. B.. Ich bin hier nicht als Einzelne, sondern einfach als egal jemand aus Asien. Ich kann nicht stoppen, alle zu bezweifeln. In diesem Sinne sind diese Nachrichten die Momente, an denen es scheitert, dass ich meinen Körper einfach als einen Mensch zähle. Es ist also einerseits eine Art Anklage über solches Jetzt, das wir leben - ich kann auch nicht sicher sagen, dass ich gar keinen Teil davon bin - andererseits eine Frage, genau wie andere Arbeiten hier, Frage nach Subjekt, das vor einem Verb steht. Das macht schon die Bedeutung der Verben verändern. Der Doppelpunkt im Titel bedeutet also, solche Nachrichten bin ich, aber eben bedeutet wie im Internet-Memes, dass ich keine Antwort zu diesen Flirten habe.

Und hier gibts eine Arbeit mit selben Titel wie diese Ausstellung. Letztes Jahr habe ich viel fotografisch versucht, eine Abwesenheit zu dokumentieren, oder darzustellen, dieses Arbeit wurde aus dieser Richtung entwickelt. Dieser Kreis sieht nach ein Spotlight aus, aber das zeigt nur die Leere. Das ist negative Form, also nicht inhaltlich, als das Gegenstück davon, dass ich immer bei der Kunstpraxis etwas Positives machen würde. Hier auch nicht inhaltlich positiv. Das zeigt, hier fehlt etwas. Und diese Leere wurde mit einer Taschenlampe gemacht, die man benutzt, um sich zu orientieren, oder etwas zu finden. Von daher ist es ein Zeichen der Wille, dass ich meinen eigenen Weg zu finden, gleichzeitig ein Zeichen davon, dass mein Ziel noch nicht gefunden ist. Diese Arbeit, diese Leere ist also ein Vermissen, wo ich verlassen habe, was oder wer mich verlassen hat. Also eine Trauer. Aber eben eine Emanzipation, eben ein noch nicht verschwundener Selbstzweifel.

Zum Schluss wird diese kleine Nachricht gefunden, wenn man rausgehen würde, dabei das merken würde. Das ist aus einem Zettel der Glückskekse, die im asiatischen Restaurant in europäischen Ländern nach dem Essen gegeben werden. Bei uns habe ich das nur im japanischen Anime gesehen. Diese Botschaft über Stolz macht eine Kontrast mit meinem Selbstporträt an die Tür, die immer hinstoßen wird. Diese Botschaft, die man wie Türsprüche sieht, bedeutet also die Abwesenheit davon, und die Aufgabe, dass ich das im Außen irgendwie finden soll.

Diese Ausstellung hat mir mehr Sinn, indem mein asiatischer Körper, meine schwule Geste und abgehackte Sprache institutionell archivert werden. Mein Diplomprojekt, der damit abgeschlossen wird, beweist für Nachkommen, was ich hier erfahren habe, und dass ich hier da war, sichtbar. Ich glaube daran, die Welt, wo jemand weniger verletzt werden kann, kommt durch solche winzigen, privaten Praxen. Ich bedanke mich Ihnen allen, als Zeuge dafür zu kommen, und vielen lieben Dank für Aufmerksamkeit, trotz dieser ewiglangen Rede.

Foto: Hyejeong Yoo




»Ein Bericht für eine Akademie: to a far«, 2022, Nachtrag der Diplomarbeiten bei Hochschule für Grafik und Buchkunst. »to a far«, Praktische Betreuung von Prof. Christin Lahr und Simon Elias Meier; »Dessin; Nachzeichnen«, Theoritische Betreuung von Prof. Dr. Beatrice von Bismarck.